Migrationsberatungsstellen kämpfen gegen massive Kürzungspläne
Bundesweit unterstützen die Migrationsberatungsstellen für erwachsene Zugewanderte (MBE) und die Jugendmigrationsdienste (JMD) Ratsuchende auf ihrem Weg zur Integration, Teilhabe, Bildung und Selbstständigkeit. Wenn es nach den Haushaltsplänen der Bundesregierung geht, werden in der Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte im kommenden Jahr 30 Prozent und im Jugendmigrationsdienst 20 Prozent der Mittel fehlen.
Vertreter*innen der Bielefelder Migrationsberatungsstellen für Erwachsene Zugewanderte und der Jugendmigrationsdienste der Wohlfahrtsverbände befürchten verheerende Auswirkungen auf die etablierte Beratungslandschaft. Die Kürzungen gehen nicht nur zu Lasten der Neuankömmlinge in Deutschland, die Unterstützung bei der Orientierung in den verschiedenen deutschen Systemen benötigen, sondern bedrohen auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt sowohl in Deutschland als auch hier in Bielefeld. Zum diesjährigen MBE-Aktionstag sprachen sie mit der Bielefelder Bundestagsabgeordneten Wiebke Esdar über erforderliche Anpassungen im Bundeshaushalt.
Die geplante Reduzierung der Mittel um etwa ein Drittel könnte zur Schließung zahlreicher Migrationsberatungsstellen führen – und dies zu einer Zeit, in der der Bedarf an Beratungsdiensten rapide ansteigt. Im Jahr 2022 verzeichnete Deutschland einen Zustrom von 2,7 Millionen Menschen, darunter 1,2 Millionen Geflüchtete allein aus der Ukraine – die höchste Zahl seit Beginn der statistischen Aufzeichnungen im Jahr 1950. Allein in Bielefeld sind derzeit 4.100 Geflüchtete aus der Ukraine registriert. „Das ist paradox. In Zeiten historisch hoher Zuwanderung brauchen wir eigentlich mehr und nicht weniger Beratungsangebote“, sagt DRK Vorstand Marco Eltner. „Auch angesichts des enormen Fachkräftebedarfs in Deutschland stellt die gut etablierte MBE-Struktur mit ihrer vor Ort verankerten Willkommenskultur für Fachkräfte einen unschätzbaren Wert dar. Die geplanten Kürzungen würden diese Struktur nachhaltig und erheblich schädigen.“
Komplett entfallen soll ab nächstem Jahr außerdem das JMD-Angebot der Respekt Coaches mit einem Finanzvolumen von bundesweit 31 Mio. Euro. Hier engagieren sich bundesweit 400 Fachkräfte an 600 Kooperationsschulen mit dem Ziel, jungen Menschen demokratische Werte in ihrer Lebenswelt zu vermitteln und so Extremismus in allen Formen vorzubeugen. „Dass ausgerechnet dieses Angebot aufgrund fehlender Finanzierung vorzeitig zum Jahresende 2023 auslaufen muss, ist eine gravierende Fehlentscheidung, die zusätzlich die ohnehin im Aufwind befindlichen demokratiefeindlichen Parteien stärkt“, so Bernard Jarczak, Einrichtungsleitung JMD des AWO Kreisverbands Bielefeld.
MBE und JMD in Bielefeld
Verantwortlich für die Umsetzung der MBE sind verschiedene Träger der Freien Wohlfahrtspflege, die die Beratung vor Ort organisieren. In Bielefeld arbeiten die MBE und die JMD von DRK, Caritas, AWO, Diakonie für Bielefeld, Der Paritätische und dem IBZ eng zusammen. Die Beratungsstellen agieren als anerkannte Kooperationspartner für Behörden, Organisationen und andere Fachberatungsstellen.