Gezielte Förderung für besonders begabte Kita-Kinder
Kita-Kinder, die im Alter von zwei Jahren schreiben, mit drei Jahren die Entstehung eines Tornados erklären können oder mit vier Jahren auf wissenschaftliche Studien zum Risiko von Luftfahrzeugen hinweisen – all dies haben die pädagogischen Fachkräfte in der Kita Heideblümchen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) schon erlebt.
Und doch sind dies keine Einzelfälle. In jedem Jahrgang gibt es Studien zufolge durchschnittlich rund zwei Prozent hochbegabte Kinder, deren Intelligenzquotient bei 130 und mehr liegt. „Gerade diese Kinder benötigen erfahrene und in dieser Hinsicht wissende Erzieher*innen, die sie unter Berücksichtigung ihrer Begabung in ihrer Entwicklung bestmöglich unterstützen“, sagt Barbara Steinbach, stellvertretende Kita-Leiterin.
In der Ausbildung für Erzieher*innen wird die Hochbegabung bisher nur selten vertiefter behandelt. Dafür, dass das Team der Kita Heideblümchen sich zu diesem Thema fortbilden konnte, haben mehrere Förderer gesorgt. 6.260 Euro kamen von der Eikelmann-Stiftung, 5.000 Euro steuerte die Sparkasse Bielefeld bei und 2.000 Euro der Bielefelder Bildungsfonds. Die Erzieher*innen absolvierten ein mehrwöchiges 40 Stunden umfassendes Programm inklusive Supervision durch das Institut für psychomotorische Entwicklungsförderung (IPE).
„Kinder mit besonderen Talenten leiden nicht selten unter ihrem Perfektionismus oder dem Missverhältnis zwischen kognitiver, sozialer und motorischer Entwicklung“, weiß Marcel Specht, stellvertretender Kita-Fachberater beim DRK. Gehe man auf die besonderen Bedürfnisse der Kinder nicht ein, fühlen sie sich unterfordert, frustriert, stören oder verhalten sich sozial auffällig. „Hochbegabte Kinder zu erkennen und sie zu begleiten, ist ein ganz wichtiges Thema. Ihre Verhaltensweisen werden oft mit Formen des Autismus, ADHS oder ADS verwechselt. In diesem Projekt lernen die Mitarbeiter*innen die Unterschiede kennen. Sie können sich so besser auf diese Kinder einstellen und sie entsprechend fördern“, sagt Sozialdezernent Ingo Nürnberger. Das sieht auch Jill Nadine Brune vom Bielefelder Bildungsbüro so: „Die Kinder profitieren und verbessern damit entscheidend ihre Bildungschancen und -erfolge.“
In der Kita wurden zwischenzeitlich weitere Angebote etabliert. Mit dem „Dortmunder Entwicklungsscreening“ für Kinder ab vier Jahren können Auffälligkeiten in der motorischen, kognitiven oder sozialen Entwicklung frühzeitig erkannt werden. Vorschulkinder trainieren mit dem Denktraining nach Klauer spielerisch ihre intellektuellen Fähigkeiten. Einmal pro Woche beschäftigen sich Kinder in der „Forscherbande“ gruppenübergreifend mit naturwissenschaftlichen Phänomenen. Erzieherinnen beraten zudem über Fördermöglichkeiten und stellen bei Bedarf den Kontakt zur pädagogisch-psychologischen Beratungsstelle der Uni Bielefeld her. Auch pädagogische Fachkräfte anderer DRK Kitas können sich beraten lassen. "Das Projekt ist so spannend, weil es den Förderbedarf hochbegabter Kinder in den Blick nimmt, der oft vergessen wird. Wir sind äußerst gespannt auf die Erkenntnisse, die sich daraus auch für viele andere Kinder mit einem ähnlichen Bedarf ableiten lassen“, sagt Christoph Kaleschke, Sprecher der Sparkasse Bielefeld.